Ernährung und Gehirn #2

Ich melde mich mit dem zweiten Teil der Serie „Gehirn & Ernährung“. 

In Teil 1 hast du erfahren, welch enorme Bedeutung Gewohnheiten beim Erlernen neuer Verhaltensweisen spielen. Nochmal kurz zusammengefasst:


Unser Gehirn arbeitet effizient und liebt gewohnte Abläufe, weil sie schnell und ohne großen Aufwand durchgeführt werden können. Deshalb ist es sooo schwierig, Vorsätze und neue Verhaltensweisen umzusetzen. Wir nehmen uns zum Beispiel vor, abends nicht mehr zu naschen. Was passiert an Tag 3: Wir naschen. Und geben auf. An Tag 1 und 2 hat unser Gehirn jedoch schon erste Schritte zur neuen Verhaltensweise „nicht naschen“ gelegt, die mit dem Hinschmeißen des Vorhabens an Tag 3 wieder zunichte gemacht wurden. So, nochmal: Fehler passieren, wenn man neue Verhaltensweisen erlernt. Ausrutscher dürfen sein. Sie gehören zum Lernprozess einfach dazu! Sich Fehler zu erlauben, ist ein wesentlicher Faktor beim Etablieren neuer Gewohnheiten.


Heute geht es darum, wie man unerwünschte Gewohnheiten „umprogrammiert“.

Ich bleibe ganz konkret beim Beispiel „abendlicher Heißhunger“:

Du hast vielleicht die Angewohnheit, abends zu naschen. Danach fühlst du dich immer unwohl und hast ein schlechtes Gewissen. Du schaust so „brav“ auf deine Ernährung. Wenn du dich doch nur zusammenreißen könntest… Unzählige Male hast du dir vorgenommen: „Ab heute nasche ich abends nicht mehr.“

So einfach funktioniert das leider nicht.

 

Routinen laufen immer wie folgt ab: 1. Auslöser  --> 2. Routine -->  3. Belohnung.


Zurück zum Heißhunger-Beispiel:

1. Der Auslöser ist das Setzen auf die Couch.

2. Die Routine ist der Gang zur Naschlade und das mehr oder weniger beiläufige Naschen vor der Glotze.

3. Es folgt das Belohnungsgefühl aufgrund Dopaminausschüttung (im Naschbeispiel folgt oft das schlechte Gewissen). Selbst wenn die Verhaltensweise in unseren Augen negativ und unerwünscht ist, schüttet das Gehirn nach Beendigung einer Routinehandlung das Glückshormon Dopamin aus.


Einfach zu sagen „Ich nasche ab heute abends nicht mehr“ funktioniert höchstwahrscheinlich nicht. Es kann natürlich sein, dass du andere Erfahrungen gemacht hast. Mir ist es jedoch nicht gelungen :-)

Wie dann?

Wenn du ein „altes“ Verhaltensmuster durchbrechen möchtest, solltest du neue Gewohnheiten bilden.

1. Erkenne den Auslöser! Reflektiere deine unerwünschte Gewohnheit und finde heraus, welche konkrete Situation, oder welcher Gedanke diese auslöst.

Heißhunger-Beispiel: Du möchtest dich abends gemütlich vor den Fernseher setzen und entspannen. Du hast es dir redlich verdient. Nach wenigen Minuten bekommst du Lust auf Süßes oder Salziges. STOPP!

Tipp: Der Gang zur Naschlade beträgt vermutlich weniger als 20 Sekunden. Für dich ist es also kein großer Aufwand, den Keks (und die weiteren 2 bis 13 Stück) aus der Dose zu holen. Um deine alte Verhaltensweise zu eliminieren benötigt es jedoch mehr als nur 20 Sekunden. Mach es dir schwieriger! Die Hemmschwelle steigt enorm, wenn der Zeitaufwand mehr als 2 Minuten beträgt! Es klingt verrückt, aber stell die Keksdose am besten in den Keller oder auf den Balkon. Wer will schon in die Kälte wegen einem Keks. Haha.

So, den Auslöser hast du nun entlarvt, die Kekse sind im Keller. Wie geht es nun weiter?

2. Ersetze deine Routinehandlung! Im ersten Artikel habe ich dir berichtet, wie schwer es ist, Routinen, die fest in den Basalganglien verankert sind, einfach „nicht auszuführen“. Daher ist es vielversprechender eine alte Gewohnheit durch eine neue zu ersetzen.
Der Schlüssel liegt im Verknüpfen des alten Auslösereizes mit einer neuen Gewohnheit.

Heißhunger-Beispiel: „Eigentlich“ möchtest du einfach nur auf deiner Couch entspannen. Im Grunde ist es ganz gleich, welche „Maßnahme“ du als Ersatzhandlung einführen möchtest. Ich habe begonnen, mir abends eine Tasse Tee zuzubereiten. Du sitzt nun auf dem Sofa und bekommst Lust auf deinen Keks. Der ist im Keller. „Hm. Ich habe mir vorgenommen, einen Tee zu kochen.“ Mach es! Und zwar jeden Abend!

Damit dein Vorsatz zu einer Gewohnheit wird, braucht das Gehirn Wiederholung, um sie erfolgreich abspeichern zu können. „Wissen ist nur ein Gerücht, solange es nicht in den Muskeln lebt.“ Heißt konkret: Denk nicht nur an deine neue Verhaltensweise, führe sie aus! Und zur Erinnerung: Es geht nicht darum, dass man es jedes Mal schafft. Es ist wichtig, dran zu bleiben und die Handlung regelmäßig inklusive Belohnungsgefühl auszuüben. Perfekte Überleitung zu Schritt Nummer:

3. Belohne dich jedes Mal, um die neue Verhaltensweise zu festigen! Damit deine Ersatzhandlung tatsächlich zur Routine wird, muss es sich einfach gut anfühlen. Je mehr du dich auf diesen positiven Effekt konzentrierst, umso größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass dein Vorsatz zur Routine wird. Spüre nach deiner Ersatzhandlung bewusst in dich hinein und nimm das schöne Gefühl wahr! Sage dir selbst „Ich hab’s geschafft!“ und freue dich über deinen Erfolg. Das klingt wieder verrückt und wirkt vielleicht übertrieben. Du kommst dir dabei womöglich sogar lächerlich vor. Aber es ist der ausschlaggebende Moment, der über Erfolg oder Scheitern entscheidet. Du „spielst“ deinem Gehirn Freude vor. Infolgedessen schüttet es Dopamin aus und das neue erwünschte Verhalten wird gefestigt. Unglaublich, welche Kraft ein Gedanke auf uns ausübt.

Heißhunger-Beispiel: Denke bewusst daran, dass es nicht um den Keks, sondern um die Entspannung auf dem Sofa geht. Du hast es verdient, zu ruhen, zu entspannen und trinkst genüsslich eine Tasse Tee. Halte Inne und sei stolz darauf, dass du heute auf deinen Keks verzichtet hast. „Ich habe es geschafft! Ich fühle mich großartig.“


Noch ein Tipp: Oft neigen wir dazu, unseren Erfolg durch Gedanken wie „Ich schaffe das sowieso nicht.“ zu boykottieren. Konzentriere dich nicht auf „mangelnde Disziplin“ oder „fehlendes Durchhaltevermögen“!

Denk an die drei Erfolgsfaktoren:

1. Auslöser erkennen

2. Neue Routinehandlung setzen

3. Belohnung! Belohnung! Belohnung! :-)


Und ich kann es nicht oft genug sagen: Rückschläge passieren - nimm sie an. Fehler gehören zum Erfolgsprozess.

 

Alles Liebe und viel Erfolg beim bewussten Verändern,

Christina :-) 


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