Naschen

„Bis auf das Naschen ernähre ich mich wirklich gesund.“ 

„Wenn ich zu naschen anfange, kann ich gar nicht mehr aufhören.“

Kommt dir das bekannt vor?

Verbote und Heißhunger

Wenn wir uns ein Lebensmittel, sei es bewusst oder unbewusst, verbieten, dann erzeugt es in uns zweierlei Gedanken.


1. „Es gibt keine Schokolade für dich.“ Der erste erinnert an eine „Kriegssituation“ bzw. Notsituation. Das Lebensmittel ist aus. Verbotsgedanken schwirren durch den Kopf, man muss trotzdem ständig daran denken. Vor allem am Nachmittag in der Arbeit oder abends auf dem Sofa kommen die Gelüste und der Heißhunger. Und zack! Schon hat man die Tafel Schokolade ausgepackt und nimmt sich vor, nur ein Stück, okay heute maximal eine Reihe zu essen. Schwups ist die ganze Tafel weg. Warum? Die Notsituation „Schokolade aus“ wurde unterbrochen. Plötzlich hast du sogar eine ganze Tafel zwischen den Fingern. Du solltest schnell alles aufessen, bevor du wieder im „Krieg“ bist, wo es keine Schokolade für dich gibt.

 

2. „Du darfst das nicht essen.“ Dieser Gedanke löst in uns das Gefühl von Wertlosigkeit aus. Wenn wir uns etwas verbieten, erzeugt das in uns das unterbewusste Gefühl „Ich bin es nicht wert“. Ich bin es nicht wert, die Schokolade zu essen. „Ich habe es nicht verdient“. Das Verbot zu naschen, lässt uns außerdem sehr schnell und unkontrolliert essen. Wir möchten es so rasch wie möglich tun, denn die verbotene Handlung erzeugt das Gefühl von Scham. Das möchten wir natürlich nicht spüren. Deshalb ist die Schokolade ganz schnell weg und von Genuss kann hier keine Rede sein. Das schlechte Gewissen sagt im Anschluss: „Na bravo. Du hast es wieder nicht geschafft.“ Diese Gedanken lassen uns wiederum naschen, weil wir dieses negative Selbstbild von uns nicht spüren wollen. Wir dämpfen es mit dem kurzfristig schönen Gefühl beim Naschen ab. Es hält nicht lange an, dann kommt das nächste Stück…

 

Na bravo. Wie kommt man denn aus diesem Naschteufelskreis heraus?

Möglichkeit 1: Finde heraus, was du eigentlich brauchst.

Essen stillt nur ein einziges Bedürfnis, nämlich den körperlichen Hunger! Bitte lies diesen Satz nochmals. Falls du das nicht getan hast: Essen stillt nur ein einziges Bedürfnis. Echten Hunger! Und jetzt denke nochmals über diesen Satz nach. Vielleicht kommt es zu einem Aha-Moment.

 

Wenn man isst und trotzdem nicht satt wird/ nascht und trotzdem nicht aufhören kann, liegt hinter dem Essensdrang meist ein anderes Bedürfnis.

Jedes Bedürfnis ist mit einem Gefühl gekoppelt. Wenn wir uns Zeit nehmen, um unsere Gefühle zu spüren, können wir herausfinden, welches unerfüllte Bedürfnis dahintersteckt und was wir tatsächlich brauchen.

Ein Beispiel: „Ich bin einfach eine Stressesserin. Wenn ich gestresst bin, hilft nur Schokolade.“

Ist das wirklich so? Oder kann Schokolade das eigentliche Bedürfnis nicht stillen? Essen ist, wie eben doppelt gelesen, nur bei echtem Hunger dienlich. Was würde bei Stress guttun? Denk mal kurz darüber nach, bevor du weiterliest.

.

Wenn dich deine beste Freundin anruft und dir mitteilt, sie wäre so gestresst, würdest du ihr raten, Schokolade zu essen? Ich denke, du würdest ihr eine Auszeit gönnen, ihr empfehlen, sich zu entspannen, ein Bad einzulassen, sich hinzulegen, einen Spaziergang zu machen… 100 Dinge würden dir einfallen, aber du würdest ihr bestimmt nicht raten, sich eine Tafel Schoko zu „gönnen“.

Es gilt also herauszufinden, was wir in dem Moment des Essdrangs wirklich brauchen. Dabei kannst du dir folgende Frage stellen: Was tut meiner Seele gut?

Ich werde euch im nächsten Artikel eine Übung dazu vorstellen, wie man die Signale seiner Gefühle deuten kann.

Die Frage „Was tut meiner Seele gut“ stelle ich mir seit ziemlich genau einem Jahr täglich mehrmals. Es ist so einfach. Manchmal braucht man jemanden, der einem die einfachsten Dinge aufzeigt. Ich habe damals an einem großartigen Mentalkurs bei meiner lieben Kollegin Gertraud teilgenommen (für Interessierte: www.gertraud-stangl.at).

 

Möglichkeit 2: Nasche mit vollem Bewusstsein.

Ja, richtig gelesen. Oftmals ist der einzige Weg aus dem Naschen heraus, das Naschen selbst. Wie gesagt, erzeugen Verbote das Gefühl von „Ich bin es nicht wert.“

Früher hatte ich eine Zeit lang auf sehr fettreiche und kohlenhydratreiche Speisen verzichtet. Irgendwo hatte ich gelesen und gehört, das sei nicht gut. Ich führte zwar keine strenge Diät, trotzdem hatte ich dieses unterbewusste Verbot in meinem Kopf. Genau auf diese Lebensmittel hatte ich dann immer Heißhunger. Als ich begann, auf meine Bedürfnisse (in sämtlichen Lebenslagen) zu hören, ernährte ich mich eine Woche lang morgens und mittags von Buttercroissants. Diesen Satz könnt ihr auch nochmals lesen. Ich aß diese Croissants mit vollem Bewusstsein und Genuss. Es war einfach herrlich. Davor hatte ich so oft Lust auf ein Croissant und gönnte mir keines, aufgrund unbewusster Verbote. Nachdem eine ganze Woche lang Croissants gegessen wurden, verflog meine Lust auf Fett und Zucker wie von selbst. Endlich gönnte ich mir das, was ich in dieser Zeit brauchte. „Ich bin es wert“. „Ich darf das essen.“

Wenn man also naschen möchte, dann in Ruhe und genussvoll. Man darf sich etwas gönnen. „Ich bin es wert.“ Außerdem kann man mit seinem Körper sprechen und ihm sagen: „Ich weiß, eigentlich brauchst du jetzt nichts zu essen, ich höre dich, aber jetzt möchte ich mir trotzdem etwas gönnen.“ Wenn das Naschen nicht mehr verboten ist, fällt es (mit der Zeit) auch leichter, wieder damit aufzuhören.

Nach dem Naschen kannst du dir trotzdem die Frage stellen: Was war das eigentliche Bedürfnis? Was tut meiner Seele gut?

 

Noch ein Gedankengang:

Klingt vielleicht verrückt, aber es ist tatsächlich so. Ich bin dankbar für meinen Heißhunger.

Anstelle sich über seinen Heißhunger zu ärgern, kann man ihn als Anzeiger dafür verwenden, wie gut man auf seine Bedürfnisse achtet. Der Körper sendet immer Signale, wenn wir uns anderes verhalten, atmen, denken und uns anders behandeln sollen. Diese Signale äußert er auch durch unser Ernährungsverhalten.

Mit den liebevollen Worten: „Danke, dass du mir zeigst, was ich brauche bzw. dass ich etwas anderes brauche“, wird der Heißhunger gleich geringer. Der Körper und seine Gefühle/Bedürfnisse wollen einfach nur gehört werden.

 

Die Themen Heißhunger, Naschen & Co sind natürlich sehr komplex und umfangreich. Jeder Mensch empfindet Hunger, Heißhunger und Gelüste anders. Die emotionale und physische Verfassung jedes Menschen ist anders. Es gibt kein Pauschalrezept. Aber vielleicht ist heute ein Satz für dich dabei, der dir neue Ansätze oder Blickwinkel eröffnet.

Danke fürs Lesen und alles Liebe

Christina

PS: Ich freue mich immer über Feedback und eure Kommentare! Hier kannst du mir direkt eine Nachricht hinterlassen. Ich würde mich wahnsinnig freuen. Teile mir gerne, deine Erfahrungen mit. -->  www.koch-selbst.at/über-mich

 IMG_20200714_111222_304jpg